Rede zur Aktuellen Stunde „ Soziales Hamburg statt unkalkulierbarer Olympia-Wahnsinn!“

von Karin Haas, Fraktionsvorsitzende

Sehr geehrte Frau Vorsitzende, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste,
Mit Olympia ist es wie mit Fast-Food: Es sieht auf den ersten Blick lecker aus und riecht erst einmal gut. Doch wenn man sich informiert, wie es hergestellt wurde und wie ungesund es ist, dann vergeht einem der Appetit. DIE LINKE hat die Zutaten untersucht, dargelegt in einer Broschüre,  und weil ihr der Sport am Herzen liegt, ist sie seit dem Bemühen Hamburgs, Olympiastadt zu werden, gegen  Olympia, um Schaden von der Stadt abzuwenden.
Mit der aktuellen Veröffentlichung des Finanzplans für Olympia auf der Pressekonferenz  in der vorigen  Woche hat Olaf Scholz eine dieser unappetitlichen Zutaten  benannt: 11,2 Mrd. sollen die Olympischen Spiele kosten, 7,4 Milliarden davon sollen die SteuerzahlerInnen aufbringen, 1,2 Milliarden in Hamburg und 6, 2 Mrd. im Bund.
Die ersten Reaktionen auf die Veröffentlichung der Zahlen: „In Berlin löst das Kopfschütteln aus“, schrieb DIE Welt gestern. Man werde prüfen, ob jeder einzelne Kostenpunkt wirklich in Zusammenhang mit Olympia stehe, schrieb das Blatt, oder ob „Hamburg die Spiele nutze, um Stadtentwicklung (…) voranzutreiben“. 
Das würde bedeuten, dass weniger als die gewünschten 6,2 Milliarden vom Bund kämen und Hamburg müsse mehr zahlen. Eine unkalkulierbare Hypothek! 
Sogar das Handelsblatt schreibt am 9.10.15. „Die hohen Kosten machen die Olympischen Spiele zum Luxusprojekt. Das braucht die Stadt nicht“. Das kann DIE LINKE nur unterstreichen, denn für solch kostspielige Luxusprojekte haben die Hamburgerinnen und Hamburger schon genug bezahlt. Bei der Elbphilharmonie haben sich die ursprünglichen veranschlagten Kosten verzehnfacht.
Die Stadt braucht eine Politik, die das von den Bürgerinnen und Bürgern erwirtschaftete Geld auch für sie ausgibt:  Für die Familien, die Jugendlichen und Kinder, Kultur und Sport, Parks, öffentliche Wege und soziale Einrichtungen. In den Fachausschüssen in der Bezirksversammlung wird um jeden Cent für diese wichtigen  Bereiche  gerungen, aber  das Geld  reicht hinten und vorne nicht. Es muss uns zu denken geben, dass  in den letzten zwei Jahren die Anzahl der Armen in der Stadt  um weitere 2 %  auf 16,7  % gestiegen ist, das ist fast ein Fünftel der Bevölkerung, während die Geldvermögen der reichsten HamburgerInnen 210 Milliarden Euro betragen. In Blankenese lebt kaum ein Kind von der Grundsicherung, in Mümmelmannsberg aber fast jedes zweite  und in Dulsberg fast jedes dritte Kind. Die soziale Spaltung in der Stadt  nimmt zu. Dagegen müssen wir etwas tun und dafür brauchen wir jeden Euro!
Schon jetzt ist man dabei, die 70 Millionen Euro für die Olympiawerbung auszugeben, die an anderen Stellen fehlen. Alle Behörden werden zwangsweise zu Werbeträgern für Olympia, ohne dass die Bevölkerung schon im Referendum ihre Meinung gesagt hat.  
Die Kritik, dass die Olympischen Spiele für den Hamburger Haushalt unkalkulierbare Kosten mit sich bringen werden,  formulierte  schon Ende August der Hamburger Rechnungshof und er warnte vor den finanziellen Risiken der Spiele. Er sah den Referendum-Termin als viel zu früh angesetzt. Die Kosten für die Errichtung der Sportstätten und der Infrastruktur könnten  noch nicht realistisch eingeschätzt werden und der Gastgeberstadtvertrag, der sog. Host-City-Vertrag, der den Ablauf, die Planung und die Finanzierung der Spiele regelt, verlagere alle Risiken, auch die Haftungsrisiken, auf die Stadt. Dieser Vertrag ist jetzt veröffentlicht und wird vom IOC als Reformwerk verkauft. Er ist in seinen Formulierungen zwar  moderater und nicht mehr Tausende von Seiten stark, sondern nur 508, aber in den Formulierungen sehr schwammig und  in wesentlichen Punkten dem „Knebelvertrag“ von München ähnlich  bezüglich Haftung, Werbung, TV-Übertragung, Verkehrsführung, Versammlungsfreiheit, Steuerfreiheit für das IOC und dem Mitarbeiterstab. Es sind vorerst auch nur Prinzipien formuliert und der vollständige Vertrag wird erst  Ende 2016 vorliegen. München hatte damals die Bewerbung für die Olympischen Spiele wegen solch unannehmbarer Vertragsbedingungen zurückgezogen.
Auch die Kosten, die für die Sicherheit der Spiele veranschlagt werden, sind viel zu niedrig angesetzt. Hamburg meint mit 460 Euro auszukommen, während die Sicherheitskosten  in London z.B. 1,7 Milliarden verschlungen haben.
Jüngst haben sich auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mehrerer Hamburger Hochschulen zu Wort gemeldet und die vorliegenden Informationen zur Olympia-Bewerbung bewertet. Ihre Schlussfolgerung  fällt vernichtend aus: Unkalkulierbare Kosten, ein manipulatives 'Beteiligungsverfahren', Einschränkung der Bürgerrechte.
Sie fordern eine Offenlegung all jener Risiken, auf die die LINKE schon lange hinweist: Etwa die mögliche soziale Verdrängung auf der Elbinsel durch höhere Mietpreise, negative Auswirkungen auf die Umwelt und das hohe finanzielle Risiko für die Hansestadt.
Ich zitiere:
„Olympische Spiele sind das finanziell riskanteste Großprojekt für Städte überhaupt. Es gibt keine konkreten Zahlen, die langfristig positive Effekte für Veranstaltungsorte belegen….
Die Olympischen Spiele von 1960 bis 2012 haben den vorher veranschlagten Kostenrahmen stets deutlich überschritten. Vor allem durch den Termindruck, den Umfang und die Komplexität städtebaulicher Projekte sowie die strikten Vorgaben des IOC, kam es zu Kostensteigerungen von durchschnittlich über 100 %. Die Aussage des Senats und der Bewerbergesellschaft, dass es in Hamburg als erstem Austragungsort seit 55 Jahren gelingen wird, die üblichen Kostensteigerungen zu verhindern, halten wir für unwahrscheinlich. Durch die 2019 in Kraft tretende Schuldenbremse müssten Mehrkosten durch Kürzungen oder mindestens Finanzierungsstopps in sozialen und kulturellen Bereichen kompensiert werden.“
Diese wissenschaftliche Bewertung zeigt deutlich:  Sollten die Olympischen Spiele nach Hamburg kommen, würde das der Stadt  teuer zu stehen kommen.
Unser Fazit: Die Olympischen Spiele sind –um im Bild zu bleiben - ungenießbar!
Deshalb sagen wir: Übernehmen wir die Verantwortung für Hamburg und seine Bürgerinnen und Bürger, stimmen wir am 29. November mit Nein!

Karin Haas, Fraktionsvorsitzende