Stellungnahme zum Entwurf "Vertrag für Hamburg - Wohnungsneubau"

Die Bezirksversammlung Hamburg-Nord nimmt zu dem vorgelegten Entwurf "Vertrag für Hamburg - Wohnungsneubau" wie folgt Stellung.

 

Stellungnahme zum Entwurf "Vertrag für Hamburg - Wohnungsneubau"


Die Bezirksversammlung Hamburg-Nord nimmt zu dem vorgelegten Entwurf "Vertrag für Hamburg - Wohnungsneubau" wie folgt Stellung:


Mit dem vorliegenden Entwurf werden dem Bezirk Verpflichtungen auferlegt, für die es verbindlicher Vereinbarungen in dem "Bündnis für das Wohnen in Hamburg"(nachfolgend BfW abgekürzt) bedarf.

1. Zahl öffentlich geförderter Wohnungen jährlich als Verpflichtung

Im Vertrag BfW gibt es keine verbindlichen Vereinbarungen, dass bei der Schaffung neuen Planrechts für Geschosswohnungsbau auf privaten Grundstücksflächen 30% der Wohnungen im ersten oder zweiten Förderweg entstehen müssen. Es handelt sich lediglich um ein "Kann-Bestimmung“, die nicht verpflichtend ist: "Sofern durch die FHH auf privaten Grundstücksflächen neues Planungsrecht für Geschosswohnungsbau geschaffen wird, kann die FHH die Forderung zur Errichtung von max. 30% der Wohnungen im ersten oder zweiten Förderweg erheben." (S. 8 des BfW)
Die Bezugsgröße für den Anteil geförderter Wohnungen muss der gesamte Wohnungsbau und nicht nur der Mietwohnungsbau sein. Hier besteht ein Widerspruch zwischen dem Vertrag des „Bündnisses für Wohnen“, welcher sich auf die Gesamtzahl der Wohnungen bezieht und dem Vertrag für Hamburg, welcher sich nur auf den Mietwohnungsbau bezieht.
Die Quote geförderter Wohnungen sollte verpflichtend auf Bezirke und Senatsprojekte runtergebrochen werden.

2. Zahl und Anteil geförderter Wohnungen muss erhöht werden.

In den Jahren 2016 und 2017 fallen in Hamburg-Nord 1827 Wohnungen aus der Sozialbindung, Im Jahr 2018 weitere 619 Wohnungen (Drucksache 20-0279).
Im vorliegenden Entwurf  würden (bei einem angenommen Anteil Eigentumswohnungen von 40% an der Gesamtzahl der fertiggestellten Wohnungen) jährlich lediglich 216 geförderte Wohnungen neu entstehen.
Angesichts der Tatsache, dass rund 40% der Hamburger Haushalte einen Anspruch auf eine Wohnung im 1. Förderweg haben ist die vollständig unzureichend. Vielmehr muss der Anteil geförderten Wohnungsbaus auf 75% der Gesamtfertigstellung erhöht werden.
So können in Hamburg Nord 900 bezahlbare Wohnungen pro Jahr entstehen, die Abgänge ausgleichen und vielen Menschen gesunde und menschenwürdige -aber bezahlbare- Wohnverhältnisse bieten.

3. Mindestgröße zur Verpflichtung öffentlich geförderter Wohnungen verändern

Weiter heißt es im BfW auf S. 8: "Sofern auf privaten Grundstücken mit geltendem Baurecht durch Erteilung von Befreiungen zusätzlich Wohnfläche und/oder Wohnungen genehmigt werden, darf die Forderung nach der Errichtung von geförderten Wohnungen erst erhoben werden, wenn die Anzahl der genehmigten Wohnungen 30 Einheiten übersteigt."
Hierzu ist folgendes anzumerken:
Mit der Festlegung auf eine Mindestanzahl von 30 Wohnungen, ab der die Errichtung von geförderten Wohnungen gefordert werden darf, widerspricht der bezirklichen Praxis. Der Bezirk Hamburg-Nord kann die geforderte Zielzahl von Genehmigungen nur erreichen, wenn diese Mindestzahl max. 10 beträgt.
Ein weiterer Absatz bedarf der Konkretisierung zur Anwendung in den Bezirken: "Sofern auf privaten Grundstücken mit geltendem Baurecht mit mehr als 30 Wohneinheiten durch Erteilung von Befreiungen zusätzliche Wohneinheiten genehmigt werden, darf nur bezogen auf die zusätzlich durch Befreiung genehmigten Wohneinheiten ein öffentlich geförderter Anteil von bis zu 30% erhoben werden." (S. 8 BfW). Diese Regelung ist nur anzuwenden, wenn ein Wohngebäude bereits bewohnt/genutzt ist und aufgestockt werden soll.
Werden Befreiungen vom Baurecht für neu zu errichtende Wohngebäude ausgesprochen, ist die 75%-Regel auf das gesamte Gebäude anzuwenden.

4. Wohnungen in Vorbehaltsgebieten sind anrechnen

Wenn der Senat im Rahmen von sog. "Vorbehaltsgebieten" auf bezirklichen Flächen die Planungen für den Wohnungsbau/Bebauungsplan an sich gezogen hat bzw. ziehen wird, sind
die dort genehmigten Wohnungen auf das bezirkliche Kontingent anzurechnen.

5. Rolle des Wohnungsbaukoordinators im Konfliktfall definieren

Im Vertrag von 2011 wird der Wohnungsbaukoordinator als "Konfliktklärer" bezeichnet. In dem aktuell vorliegenden Entwurf wird er zur "Klärungsinstanz". Aus Sicht der Bezirksversammlung kommt dem Wohnungsbaukoordinator die Rolle eines Vermittlers zu und nicht die einer Instanz mit (möglichen) Entscheidungsrechten.  
Aus Sicht der Bezirksversammlung Hamburg-Nord ist ein Festschreiben der Praxis, Bürgerbegehren durch Weisungen der Senatskommission, auszuhebeln politisch skandalös. Vielmehr sollte der Senat in einem „Vertrag für Hamburg“ seinen ausdrücklichen Verzicht auf die Anwendung dieses Instruments erklären, sobald zu einem Bebauungsplan ein Bürgerbegehren gestartet ist.

6. Zusätzliches Personal bei einer Zielzahl von 12.000 Baugenehmigungen erforderlich

Abweichend von den bisherigen Darstellungen ist im vorliegenden Vertragsentwurf nicht mehr von 10.000, sondern von 12.000 Baugenehmigungen die Rede. Für diese 20%ige Erhöhung sind auch entsprechend mehr Personalkapazitäten zu schaffen.

7. Schlussfolgerung

Die Bezirksversammlung Hamburg-Nord fordert den Bezirksamtsleiter und die Vorsitzende der Bezirksversammlung auf, den vorgelegten Vertrag ohne substantielle Nachbesserungen nicht zu unterzeichnen.

Fraktion DIE LINKE
Lars Buchmann, Karin Haas, Rachid Messaoudi, Herbert Schulz, Angelika Traversin