Wer hier lebt, soll auch bei Wahlen mitentscheiden können

Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Bezirksversammlung Nord: Kommunales Wahlrecht auch für Migrantinnen und Migranten ohne deutsche Staatsbürgerschaft durchsetzen

Hamburg-Nord ist ein Bezirk mit einem hohen Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund. In manchen Stadtteilen wie Dulsberg (21%) hat jede/r fünfte Hamburger und Hamburgerin einen Migrationshintergrund. Viele von ihnen besitzen nicht die deutsche Staatsbürgerschaft bzw. die eines EU-Landes. Weil in Deutschland das Wahlrecht an die Staatsbürgerschaft gebunden ist, werden sie deshalb von den Wahlen ausgeschlossen.
18.000 volljährige Hamburgerinnen und Hamburger mit Wohnsitz im Bezirk Hamburg-Nord durften an den letzten Bezirkswahlen nicht teilnehmen. Im ganzen Stadtgebiet waren es sogar etwa 190.000 Menschen. Dabei werden in den Bezirken wichtige Fragen des Alltags behandelt. Themen wie z.B. der Zustand und Ausbau der Radwege, die finanzielle Ausstattung der sozialen Einrichtungen oder auch der Wohnungsbau sowie die Gesamtentwicklung der Quartiere und des Stadtteils betreffen alle Bürgerinnen und Bürger gleichermaßen, unabhängig von Ihrer Staatsangehörigkeit. Deshalb muss das aktive und passive Wahlrecht als ein elementares Grundrecht der Demokratie auch auf Nicht-EU-Ausländer ausgeweitet werden.

„Das kommunale Wahlrecht für alle ist seit langem ein Stück europäische Normalität: In 16 EU-Ländern haben auch Nicht-EU-Bürger das aktive und passive kommunale Wahlrecht. Verglichen mit anderen europäischen Ländern, weist Deutschland in diesem Punkt ein erhebliches Demokratiedefizit auf,“ kommentiert Deniz Celik Mitglied im Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Integration, der Fraktion DIE LINKE in der Bezirksversammlung Nord.

Der Europarat hat bereits 2008 die Empfehlung an alle Mitgliedsstaaten ausgesprochen, Migrantinnen und Migranten mit einer legalen Aufenthaltsdauer von 5 Jahren das aktive und passive Wahlrecht zumindest auf kommunaler Ebene zu erteilen.

„Eine Gesellschaft, die große Teile der Bevölkerung von der politischen Willensbildung durch Wahlen ausschließt, verliert zunehmend an demokratischer Legitimation. Die Tatsache, dass Menschen aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit wesentliche politische Rechte verwehrt werden, die zum Teil seit Jahrzehnten ihren Lebensmittelpunkt in diesem Land haben und sämtliche staatsbürgerlichen Pflichten erfüllen, ist in einer Demokratie nicht länger hinnehmbar,“ so Celik weiter.

Die demokratische Teilhabe und Partizipation aller Menschen an der Gestaltung des Gemeinwesens ist für die Etablierung einer inklusiven Gesellschaft von sehr großer Bedeutung. Eine wesentliche Voraussetzung hierfür ist das Recht wählen zu können. Kommunales Wahlrecht für alle ist Voraussetzung für politische Teilhabe und damit auch für eine politische Verantwortlichkeit im Stadtteil und im Bezirk. Auch auf diese Weise kann man den viel beklagten „Parallelgesellschaften“, die zu großen Teilen ihren Ursprung in Prozessen der Ausgrenzung haben, entgegen wirken und die Akzeptanz politischer Entscheidungen und Regelungen erhöhen.

„Vor dem Hintergrund, dass das Hamburger Verfassungsgericht festgestellt hat, dass die Bezirksversammlungen keine „gesetzgeberischen Parlamente“ und keine Gemeindevertretungen im Sinne von Art. 28 GG, sondern lediglich Verwaltungsausschüsse sind, ist es ein guter Zeitpunkt, die Debatte über ein Wahlrecht unterhalb der Schwelle einer Einbürgerung wieder aufzunehmen und eine Gesetzesinitiative voran zu treiben,“ erklärt Celik.
Deshalb stellt die Fraktion DIE LINKE in der nächsten Sitzung der Bezirksversammlung Nord, am Donnerstag den 11.09.2014 diesbezüglich einen Antrag. Der Vorsitzende der Bezirksversammlung soll sich beim Hamburger Senat für eine entsprechende Änderung des Gesetzes über die Wahl zu den Bezirksversammlungen einsetzen.
    „Damit würde Hamburg den Aufruf des Europarates vom 25.06.2008 für die Einführung eines kommunalen aktiven und passiven Wahlrechtes für Menschen aus Drittstaaten als erstes Bundesland in Deutschland umsetzen. Dies stünde dem weltoffenen Image der Hansestadt gut zu Gesicht,“ betont Deniz Celik.

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