Wird Olaf Scholz der Erdogan von Hamburg?

Rede des Fraktionsvorsitzenden Lars Buchmann in der BV Hamburg-Nord am 13. Juni

Sehr geehrtes Präsidium,
Werte Parlamentarier
Liebe BürgerInnen und Bürger aus Hamburg Nord,
Lieber Herr Stepart
 
obwohl in unserer Bezirksversammlung viele Volljuristen sitzen, gab es keine Empörung
über eine Senatskommission die der Bezirksversammlung Nord vorzuschreibt, was sie zu tun und zu lassen habe.

Wir stellen ganz sachlich fest, eine Senatskommission sieht die Hamburgische Verfassung NICHT vor, mithin kann den Bezirken über selbige auch nichts vorgeschrieben werden!

 

Was aber ist das politisch gefährliche und damit tendenziell Demokratie gefährdende an dieser Vorgehensweise? Es ist die Scheinheiligkeit einer angeblichen Bürgerbeteiligung. Ich selber war an zwei Großprojekten beteiligt. Dies war und ist das Sanierungsgebiet S1 in Barmbek und die Auseinandersetzung um das Pergolenviertel. In beiden Fällen haben die interessierten Bürgen sehr viele Stunden in übersichtlichen Gesprächskreisen darüber diskutiert, wie kleine Flächen des Bezirks Nord baulich gestaltet werden sollten. Im Pergolenviertel sollten/sollen die 330 Kleingärten, so wie seit fast 60 Jahren stehen, erhalten bleiben, am Barmbeker Bahnhof sollte KEIN 15 stöckiges Bürohochhaus entstehen.

Die Einwände der interessierten Bürger wurden zwar zur Kenntnis genommen, haben aber keine Entsprechung in der Umsetzung gefunden. -Und dies wird auch in Zukunft nicht zu erwarten sein-.

Es wurden viele Worte gewechselt, aber letztlich wurde das planerisch umgesetzt, was in einem Fall die ECE, im anderen der Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz will und wollte. Das ist Bürgerbeteiligung auf hamburgisch, genauer auf sozialdemokratisch hanseatisch.

 

Eine weitere Grundlage für Politikerverdrossenheit und Wahlenthaltsamkeit der Hamburger Wählerschaft sind die nicht öffentlichen Sitzungen, insbesondere der Unterausschüsse für Bauangelegenheiten. Diese sind im wesentlichen dadurch gekennzeichnet, das die Ausschussmitglieder die vorgestellten Bauprojekte nur zur Kenntnis nehmen können. Häufig haben die Projekte schon einen solchen Detailierungsgrad, dass Veränderungen aussichtslos sind. Die öffentliche Vorstellunge gegenüber den BürgerInnen in HH-Nord hat dann mehr den Charakter einer Pflichtübung als einer ernsthaften Einflussnahme durch die Bürger bzw. Ausschussmitglieder.

 

Die Frage der Bürgerbeteiligung sowohl in den Sanierungsbeiräten wie bei besonderen Bauprojekten in HH-Nord, als auch die bislang praktizierte Nichtöffentlichkeit in den Ausschüssen wird für DIE LINKE in Gesamthamburg eine zentrale politischen Rolle bei der Bürgeraufklärung spielen.

 

Was passiert wenn BürgerInnen und Bürgern nicht wirklich an Entscheidungen beteiligt werden, sehen wir aktuell in einer anderen europäischen Metropole.

Und auch in Hamburg wird der Widerstand gegen den rücksichtslosen Stadtumbau wachsen.

Welche Formen er annehmen wird wissen wir heute noch nicht.
Auf welcher Seite DIE LINKE stehen wird, allerdings schon!

 

In Istanbul fing alles auch recht unspektakulär mit der Bebauung eines Parks an. Noch vor drei Wochen waren die Kritiker ein winziges Häuflein und letztes Wochenende eine Million.
Nun beschäftigen die Ereignisse die Weltöffentlichkeit!

 
Herr Rösler, Herr Domres, ich empfehlen ihnen dem 1. Bürgermeister Olaf Scholz die Warnung auszusprechen, sich nicht als Erdogan der Hansestadt Hamburg zu entpuppen. Demokratie muss anderes aussehen! Auch in den Hamburger Bezirken.