Wasserrechtliche Belange bei Neubauten rund um den Eppendorfer Markt nicht berücksichtigt?
Bei der Erteilung der Baugenehmigungen rund um den Eppendorfer Markt (Eppendorfer Kerngebiet) besteht der Verdacht, dass wasserrechtliche Belange nur unzureichend oder gar nicht berücksichtigt worden sind und die Neubauten daher zu Lasten der umliegenden Altbauten und der Gefährdung der darin lebenden Menschen entstanden sind bzw. noch entstehen werden.
Bei der Erteilung der Baugenehmigungen rund um den Eppendorfer Markt (Eppendorfer Kerngebiet) besteht der Verdacht, dass wasserrechtliche Belange nur unzureichend oder gar nicht berücksichtigt worden sind und die Neubauten daher zu Lasten der umliegenden Altbauten und der Gefährdung der darin lebenden Menschen entstanden sind bzw. noch entstehen werden.
Bei der Bautätigkeit in diesem Gebiet muss die besondere Bodenbeschaffenheit im Kerngebiet Eppendorfs rund um den Eppendorfer Markt berücksichtigt werden. Eppendorf steht zum großen Teil auf moorigem Untergrund. Das Vermessungsamt Hamburg beurteilte diese Bereiche 1985 als: „Weich bis breiig; gering wasserdurchlässig (z.T. Staunässe); sehr frostempfindlich; besondere Gründungsmaßnahmen erforderlich; hoher Grundwasserspiegel; starke Sackungen bei Entwässerung; Grundbruchgefahr bei Aufschüttungen; Setzungen.“
Es gilt zusätzlich zu bedenken, dass weite Teile des Alstergebiets (und damit auch Eppendorfs) innerhalb der sogenannten Hochwasserlinie liegen.
Dies erfordert, dass „alle Bauteile unterhalb des Bemessungswasserstandes wasserdicht und auftriebssicher herzustellen und auf Wasserdruck zu bemessen (sind). Höhere Wasserstände als der Bemessungswasserstand dürfen nicht auftreten, sonst wird die Sicherheit des Gebäudes beeinträchtigt.“(Bauen im Grundwasser, Zentrum Geotechnik).
Das Straßenniveau am Eppendorfer Markt (Baustelle Eppendorfer Landstr. 108-110 / Hahnemannstraße) liegt in einer Höhe von NN + 5,60 m. Der Abstand zwischen Straßenniveau und Grundwasserlinie beträgt also lediglich 2,60 m.
Die untere Grenze für den Wasserstand ist durch die Gründung vieler Häuser rund um die Alsterbecken auf Holzpfählen bei NN + 2,85 m erreicht, um diese vor Trockenfallen zu schützen.
Wird nun eine Baugrube von mehr als besagten 2,85 m (respektive im vorgenannten, konkreten Fall 2,60 m) ausgehoben, dringt durch den moorigen Untergrund Alster- und Grundwasser in die Baugrube ein und muss abgepumpt werden.
Die Auswirkungen auf die umstehenden Gebäude (selbst in einem größeren Radius) können sehr verheerend sein, wenn über einen längeren Zeitraum Wasser aus tieferen Schichten abgepumpt wird.
Es ist zu befürchten, dass mit jedem Neubau in diesem Gebiet dem langsamen Verfall des gesamten Stadtteils Vorschub geleistet wird!
Eine derart problematische Bodenbeschaffenheit und Ausgangslage bedingen bei Bauprojekten jeglicher Art also zusätzliche Prüfungen im wasserrechtlichen Bereich, d.h. bei jedem Bauvorhaben innerhalb der vorbenannten Hochwasserlinie muss ein Antrag auf Erteilung einer Wasserrechtlichen Genehmigung nach §15 Hamburgisches Wassergesetz – HwaG – und nach § 36 Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts – Wasserhaushaltsgesetz-WHG bei der zuständigen Baubehörde gestellt werden (Wasser- und Planfeststellungsbehörde). Außerdem muss eine Einverständniserklärung aller Betroffenen (Anlieger, Nachbarn) vorliegen.
Vor diesem Hintergrund fragen wir den Bezirksamtsleiter:
Sind dem Bezirksamt die im Sachverhalt dargestellten Ausführungen bekannt?
Stellen nach Ansicht des Bezirksamtes die Ausführungen den Stand der Erkenntnisse über die Belastungen des Baugrunds in den beschriebenen Gebieten korrekt dar oder verfügt das Bezirksamt über andere oder weitergehende Informationen (Bewertung der Ausführungen)? Falls hier grundsätzlich abweichende Informationen vorliegen, bitten wir um einen Verweis auf die Quellen oder einen ausführlichen Sachvortrag.
Liegen für die Neubauten Eppendorfer Landstraße 108-110/Hahnemannstraße und Heinickestraße, sowie für die geplanten Neubauten in der Eppendorfer Landstraße 103-109 sowie 97-101 wasserrechtliche Genehmigungen vor?
3.1. Wenn nein: Warum nicht?
3.2. Wenn ja: Liegen diesen Anträgen die Erklärungen aller Betroffenen/Anlieger im Abpumpbereich vor?
3.2.1. Wenn nein: Warum nicht?
3.3. Wenn ja: Was sagen die wasserrechtlichen Genehmigungen aus über die abzupumpenden Wassermengen pro Tag?
3.4. Wenn ja: Wie viel Wasser wird/wurde pro Tag tatsächlich abgepumpt?
Wie beabsichtigt das Bezirksamt Nord, Dezernat Wirtschaft, Bauen und Umwelt, Fachamt Management des öffentlichen Raumes, Wasser- und Planfeststellungsbehörde in Zukunft Interessenskonflikte zwischen Bauherren von Neubauten und Haus- und Wohnungseigentümern, deren Eigentum durch Eingriffe in die Wasserrechte nachhaltig betroffen sind, zu vermeiden?
Für die Fraktion DIE LINKE:
Lars Buchmann, Karin Haas, Rachid Messaoudi
25.10.2013
Das Bezirksamt Hamburg-Nord beantwortet die Kleine Anfrage wie folgt:
Zu 1.:
Dem Bezirksamt ist bekannt, dass sich in der Alsterniederung organische Weichschichten befinden und Grundwasserabsenkungen Setzungen bei vorhandenen Gebäuden erzeugen können. Daher wird für jede Grundwasserabsenkung eine gutachterliche Stellungnahme eingeholt, die mögliche Auswirkungen auf Bauwerke in der Umgebung bewertet. Des Weiteren prüft die zuständige Wasserbehörde (BSU) aus gewässerschutzrechtlicher Sicht beantragte Grundwasserabsenkungen.
Zu 2.:
Grundwasserabsenkungen werden nicht pauschal für Stadtteile oder Gebiete bewertet, sondern einzelfallbezogen für jedes Bauvorhaben. Für den Neubau in der Eppendorfer Landstraße 108-110 wurde anhand der Baugrundkarte von Hamburg festgestellt, dass der gewachsene Baugrund überwiegend aus gut tragfähigen Geschiebesanden besteht, sodass mit Setzungsschäden an Bauwerken im Nahbereich nicht zu rechnen ist. Durch die natürlichen Schwankungen des Grundwassers bzw. des Alsterwasserstandes von 0,2 bis 0,4 Meter sind auch in der maximalen Reichweite der Grundwasserabsenkung keine Setzungserscheinungen an Bauwerken zu erwarten.
Zu 3. und 3.1:
Für den Neubau Eppendorfer Landstraße 108-110 liegen Wasserrechtliche Erlaubnisse vor. Die geplanten Neubauten Eppendorfer Landstraße 97-101 und 103-109 sind anhängige Vorbescheidsverfahren, die sich noch in der bauordnungsrechtlichen Prüfung befinden.
Zu 3.2:
Nein.
Zu 3.2.1:
Das Verwaltungsverfahrensgesetz bzw. die einschlägigen Gesetze (Hamburgisches Wassergesetz; Wasserhaushaltsgesetz) sehen für Grundwasserabsenkungen dieser Art kein förmliches Verfahren vor. Die Baugenehmigung (einschließlich der Wasserrechtlichen Erlaubnisse) konnte im einfachen Verwaltungsverfahren erteilt werden.
Zu 3.3 und 3.4:
Dem Antragsteller wurde bei der Grundwasserabsenkung für das Bauvorhaben Eppendorfer Landstraße 108-110 erlaubt, maximal 250 m³/h in die Alster einzuleiten. Tatsächlich wurden ca. 110 m³/h eingeleitet.
Zu 4.:
Das Bezirksamt kann keine Interessenkonflikte erkennen. Wohnungseigentümer sind durch die in Rede stehende temporäre Grundwasserabsenkung nicht nachhaltig betroffen.