Innenhöfe nicht zubauen, sondern schützen

Herbert Schulz
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Politik im Investorengriff

Die Bezirksversammlung Hamburg Nord beschloss am Donnerstag, den 14.06.2018 mit großer Mehrheit gegen die Stimmen der LINKEN den Bebauungs-Plan Uhlenhorst, Schenkendorfstraße (B-Plan „UH 1“). Die anderen Parteien hätten dies gern ohne Debatte gemacht, wir haben jedoch auf eine Diskussion bestanden.
Im Folgenden ein Überblick über die Argumente, die wir vorgetragen haben.

In der Schenkendorfstraße möchte ein Investor ein weiteres Gebäude in den Innenhof der Blockrandbebauung stellen. Die geschlossene Bauweise um einen gemeinsamen Hof ist in Hamburg Nord und der ganzen Stadt weit verbreitet. Deshalb hat dieser Fall beispielhafte Bedeutung für viele Quartiere.

Bebauungsplan nach Bauherren-Gusto

Zur Vorgeschichte:
Weil das Bauvorhaben des Investors, der hier überwiegend Eigentumswohnun-gen errichten will, mit dem bestehenden Baurecht von 1957 und 1958 nicht in Übereinstimmung zu bringen war und die Baugenehmigung deshalb einer gerichtlichen Überprüfung nicht standhielt, musste dieser neue B-Plan „UH 1“ her.

Hier war vorab der übliche Deal zwischen Stadt und Investor abgelaufen, wie man ihn auch von anderen vorhabenbezogenen Bauprojekten kennt: Die Stadt fordert den Investor auf, sein Vorhaben umzusetzen, das vorab befürwortet wird, und sie verspricht, dafür zu sorgen, dass der Investor die entsprechende Baugenehmigung bekommt, die er braucht. Und dann wurde gebaut.

Innenhof-Vernichtung - eine städtebauliche Grundsatzfrage

Aber: Eigentümer der umliegenden Gebäude klagten und das Oberlandesgericht beurteilte das Zustandekommen der Baugenehmigung als rechtswidrig. Darum musste die Bautätigkeit eingestellt werden. Da die Stadt und der Bezirk gegenüber dem Investor im Wort waren und ihren Fehler korrigieren wollten, musste nun nachträglich eine neue Rechtsgrundlage geschaffen werden. Also wurde Anfang 2017 die Durchführung eines B-Planverfahrens eingeleitet. Jetzt sollte nach Verhandlungen mit dem Investor nicht mehr ganz so hoch gebaut werden, um die Verschattung zu verringern. Aber das Grundproblem der Vernichtung des Freiraums Innenhof und damit der starken Beeinträchtigung der Wohn-und Lebensqualität bleibt bestehen.

Für DIE LINKE geht es hier um eine städtebauliche Grundsatzfrage. Hier hätte nie gebaut werden dürfen, ganz unabhängig von den rein rechtlichen Fragen. Das OLG hat es erfreulicherweise erklärt: Blockrandbebauung stellt für die Bewohnerinnen und Bewohner bereits einen empfindlichen Kompromiss dar zwischen Lärm- und anderen Emissionen von der Straßenseite und dem Ruhepunkt des Innenhofs, auf den die Schlaf- und Ruheräume sowie die Balkone ausgerichtet sind. Stellt man den Innenhof durch einen massiven Baukörper zu, ist dieses Gleichgewicht zerstört.

Licht, Luft und Sonne für alle Bewohner dieser Stadt.

Diese Leitvorstellung des legendären Oberbaudirektors Schumacher wird eben auch durch Innenhöfe realisiert, die nicht nur einen Ruhepunkt für Augen, Ohren und Nerven darstellen, sondern darüber hinaus in vielen Quartieren noch das einzige Grün in fußläufiger Entfernung sind.

Dass in der Schenkendorfstraße ein Innenhof zugebaut wird, ist eine städtebauliche Sünde und leider nicht die erste. Diese fatale Praxis in der Stadtentwicklung muss endlich ein Ende haben. Nachverdichtung in der inneren Stadt hat eben auch Grenzen. Wenn Schumacher wüsste, was in der Schenkendorfstraße und anderswo abläuft, er würde sich im Grabe umdrehen.

Frei- und Grünflächen sind Lebensqualität

Leider wird man wohl davon ausgehen müssen, dass sich diese Entwicklung noch verschärft und die Hemmschwelle noch weiter abgesenkt wird, wenn man die Argumente des Bezirksamts gegen die Einwendungen von Anwohnern betrachtet. Da ist die Rede von der weiteren Notwendigkeit der Innenentwicklung und der Schaffung urbaner Strukturen in zentraler Lage, es wird sogar die Wohnungsnot in Metropolen wie Hamburg (die ansonsten von Seiten des Senats immer abgestritten wurde) beschworen sowie auf die große Nachfrage (da wird tatsächlich rein ökonomisch argumentiert!) und auf die immer geringer werdende Zahl bebaubarer Flächen hingewiesen. Letzteres kann nach mehreren Jahren intensivierter Neubautätigkeit eigentlich nicht überraschen.

Die Problematik der Vernichtung von Frei- und Grünflächen wird von den politisch Verantwortlichen durchaus gesehen, aber in der Abwägung des Einzelfalls kommen sie zum immer gleichen Ergebnis: "Ja, das Ganze ist nicht unproblematisch, aber angesichts der Gesamtlage doch angemessen und noch vertretbar."

Das Vakuum der übergeordneten Stadtplanung durch Rot-Grün

Hinzu kommt, dass es eine übergeordnete Stadtplanung, die dem Einhalt gebietet, in Hamburg nicht gibt. Die Folge ist, dass sich im Ergebnis vieler solcher Einzelprojekte wie in der Schenkendorfstraße der Charakter der Quartiere schleichend zulasten der Wohn-und Lebensqualität der Stadtbevölkerung verändert.
Wir befürchten, dass es jetzt zunehmend ans Eingemachte geht und noch mehr Innenhöfe dran glauben sollen. Wenn man vom ewigen Streitpunkt mit der Senatspolitik, dass viel zu wenig Sozialwohnungen gebaut werden, absieht, so gibt es immer noch Bauvorhaben, die städtebaulich vernünftig sind.
Die Bebauung von Innenhöfen gehört nicht dazu und bleibt für uns ein städtebauliches NoGo.

Herbert Schulz

für DIE LINKE. Fraktion in der Bezirksversammlung Hamburg-Nord

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