Mittelkürzungen für soziokulturelle Einrichtungen bei Verwendung des §6 VersG

Sachverhalt:

Die Bürgerinitiative „Barmbeker Initiative gegen Rechts“ (BIgR) richtet regelmäßig Veranstaltungen im Bürgerhaus Barmbek aus. Die Veranstalterin BIgR weist in ihren Bekanntmachungen bzw. Einladungen (Flyern etc.) ausdrücklich darauf hin, dass nach dem § 6 des Versammlungsgesetzes Personen der rechten Szene ausgeschlossen sind.

Sachverhalt:

 

Die Bürgerinitiative „Barmbeker Initiative gegen Rechts“ (BIgR) richtet regelmäßig Veranstaltungen im Bürgerhaus Barmbek aus. Die Veranstalterin BIgR weist in ihren Bekanntmachungen bzw. Einladungen (Flyern etc.) ausdrücklich darauf hin, dass nach dem § 6 des Versammlungsgesetzes Personen der rechten Szene ausgeschlossen sind.

 

Die Inanspruchnahme des § 6 VersG führte bei Veranstalterin sowie beim Bürgerhaus Barmbek zu Irritationen. Es stell sich die Frage, ob das Ausschließen von rechtsradikalen Personenkreisen zu Kürzungen von Mitteln führen kann.

 

Daher bitten wir um die Beantwortung folgender Fragen:

 

1. Nimmt das Bezirksamt wahr, ob Veranstalter/innen in von ihr geförderten soziokulturellen Einrichtungen Gebrauch vom § 6 des VersG machen?

a. Wenn ja, in welcher Form?

2. Gibt es Richtlinien, Verordnungen oder Dienstanweisungen die darauf Bezug nehmen?

a. Wenn ja, welche sind das?

b. Wie lauten die entsprechenden Textpassagen?

3. Hat das Bezirksamt vor, Einrichtungen, die selbst oder deren MieterInnen Gebrauch vom § 6 des Versammlungsgesetz machen, künftig Mittel zu kürzen? Wenn ja:

a. Um welche Einrichtungen handelt es sich?

b. Und wie hoch sind die Kürzungen?

4. Wie schätzt das Bezirksamt die Inanspruchnahme des § 6 des Versammlungsgesetzes von geförderten Einrichtungen rechtlich ein?

5. Sieht das Bezirksamt die Offenheit einer Versammlung als gefährdet an, wenn der § 6 des Versammlungsgesetzes in Anspruch genommen wird?

 

 

 

Für die Fraktion DIE LINKE:

Peter Heim, Franz-Josef Peine, Helga Kuhlmann, Angelika Traversin

 

 

 

A N T W O R T 01.12.2009

 

a u f d i e

 

KLEINE ANFRAGE 111/2009

 

Fragesteller: BAbg Peter Heim, Franz-Josef Peine, Helga Kuhlmann und Angelika Traversin (DIE LINKE)

 

Betr.: Mittelkürzungen für soziokulturelle Einrichtungen bei Verwendung des § 6 des VersG

 

 

Das Bezirksamt beantwortet die Anfrage wie folgt:

 

Zu 1:

Die durch das Bezirksamt Hamburg-Nord geförderten soziokulturellen Einrichtungen haben nach Kenntnis des Bezirksamts bisher keinen Gebrauch des § 6 Versammlungsgesetz (VersG) gemacht.

Es ist lediglich ein Fall bekannt, in dem ein Nutzerverein, mit dem ein Nutzungsvertrag abgeschlossen wurde, in seiner Einladung auf diesen Paragrafen zurückgegriffen hat.

 

Zu 2:

Nein.

 

Zu 3:

Nein.

 

Zu 4:

Siehe Anlage.

 

Zu 5:

Nein.

 

 

 

Wolfgang Kopitzsch

 

 

Anlage

 

16.11.2009

 

Vermerk

Sachverhalt: Die Barmbeker Initiative Gegen Rechts (BIGR) will bei Versammlungen nach § 6 VersammlG Anhänger und Mitglieder rechtsextremer Parteien und Kameradschaften ausschließe.

Ein Ausschluss dieser Personengruppen dürfte bei genauer Bezeichnung in der Einladung zulässig sein.

Im Einzelnen:

§ 6 Abs. 1 VersammlG ermöglicht den Ausschluss bestimmter Personen oder Personenkreise von der Teilnahme an einer Versammlung. Dieser Ausschluss muss bereits in der Einladung zum Ausdruck kommen (Dietel/Gintzel/Kniesel, VersammlG, 15. Aufl. 2008, § 6 Rn. 5; Ridder u.a., VersammlR, 1992, § 6 Rn. 11).

Die Personen oder Personenkreise, die von der Teilnahme ausgeschlossen werden sollen, müssen in der Einladung „eindeutig und unmissverständlich bezeichnet werden“ (Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 6 Rn. 3).

Möglich ist auch ein indirekter Ausschluss, wenn die Einladung nur an bestimmte Personengruppen ergeht (Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 6 Rn. 3; Ridder u.a., a.a.O., § 6 Rn. 14 f.). Nach einer Entscheidung des VG Gießen dürften an einen indirekten Ausschluss jedoch hohe Anforderungen zu stellen sein. Auch wenn eine Person nicht zum Adressatenkreis einer Versammlung gehöre, müsse sich der Einladung mit der erforderlichen Eindeutigkeit entnehmen lassen, dass sie von der Teilnahme ausgeschlossen sei (VG Gießen v. 18.6.2009 – 10 K 2402/08.GI – juris, Rn. 28).

Die Möglichkeit des Ausschlusses wird durch das Diskriminierungsverbot begrenzt. Diese Grenze soll erreicht sein, wenn Angehörige bestimmter Gruppen in einer den Achtungsanspruch ihrer Menschenwürde und der daraus folgenden Personenwertgleichheit herabwürdigenden Weise ausgeschlossen werden (Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 6 Rn. 3) bzw. eine Diskriminierung im Sinne des Art. 3 Abs. 3 GG vorliegt (Ridder u.a., a.a.O., § 6 Rn. 17). Dies könnte hier problematisch sein, da Art. 3 Abs. 3 GG auch die Benachteiligung wegen politischen Anschauungen erfasst. Maßgeblich soll jedoch sein, ob die Benachteiligungsmerkmale in einer Beziehung zum Versammlungszweck stehen oder ob sie unabhängig davon eigenständig eine Ausschlussfunktion erfüllen sollen, ob also der Ausschluss sachgerecht ist (Ridder u.a., a.a.O., § 6 Rn. 18). Ein Ausschluss aus politischen Gründen wird teilweise auch ausdrücklich für zulässig gehalten (Wache, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, V 55, § 6 Rn. 3 (Stand: Dezember 2005). Eine Beziehung zum Versammlungszweck und damit ein nicht diskriminierender Ausschluss dürfte sich hier bejahen lassen, bei Informationsveranstaltungen gegen Rechtsextremismus ist der Ausschluss der o.g. Personengruppen sachgerecht.